Mikrostromtherapie bei Retinopathia Pigmentosa: Einsatzbereich und Wirkmechanismus

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Mikrostromtherapie bei Retinopathia Pigmentosa: Einsatzbereich und Wirkmechanismus

Die Mikrostromtherapie ist eine nicht-invasive Behandlungsmethode, die zur Verlangsamung der Krankheitsprogression bei Retinopathia Pigmentosa (RP) eingesetzt wird. Durch die Anwendung schwacher elektrischer Ströme über die Hornhaut kann die Netzhaut stimuliert werden, um neuroprotektive Prozesse zu aktivieren und den Sehverlust zu verlangsamen.

Die Behandlung erfolgt mit einem CE-konformitätsbewerteten Mikrostromsystem, das speziell für den häuslichen Einsatz entwickelt wurde. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bestätigt, dass die Mikrostromtherapie einen neuroprotektiven Effekt haben könnte und insbesondere für Patienten mit Retinopathia Pigmentosa untersucht wird (IQWiG, 2015, „Transkorneale Elektrostimulation bei Retinopathia Pigmentosa – Potenzialbewertung“, Link).

Einsatzbereich der Mikrostromtherapie

Zielgruppe: Patienten mit Retinopathia Pigmentosa (RP)

Retinopathia Pigmentosa (RP) ist eine genetisch bedingte Netzhautdegeneration, die zu einem schrittweisen Verlust der Sehkraft führt. Erste Symptome sind häufig Nachtblindheit und Gesichtsfeldeinschränkungen, die sich mit der Zeit bis zur vollständigen Erblindung verschlechtern können. Laut einer Studie, veröffentlicht von SpringerMedizin, führt RP zu einem kontinuierlichen Verlust der Photorezeptoren, was schließlich zu einer Funktionsbeeinträchtigung der gesamten Retina führt (SpringerMedizin, 2020, „Transkorneale Elektrostimulation bei Retinitis Pigmentosa“, Link).

Die Mikrostromtherapie wird insbesondere bei frühen bis mittleren Krankheitsstadien eingesetzt. Klinische Studien weisen darauf hin, dass sie helfen kann:

  • Den Rückgang des Gesichtsfelds zu verlangsamen
  • Die Funktionsfähigkeit der Netzhaut zu stabilisieren
  • Die Aktivität von Nervenzellen in der Retina zu erhalten

Eine laufende multizentrische Studie mit 150 Patienten untersucht derzeit die Langzeitwirkungen der Mikrostromtherapie bei RP. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Behandlung die Progressionsrate der Erkrankung um bis zu 29 % reduzieren kann (Eyefox, 2023, „Neue Belege zur Wirksamkeit: Transkorneale Elektrostimulation verlangsamt die Progression bei Retinitis Pigmentosa“, Link).

Weitere mögliche Indikationen

Neben RP gibt es Hinweise darauf, dass Mikrostrom auch bei anderen retinalen Erkrankungen neuroprotektive Effekte haben könnte, darunter:

  • Morbus Stargardt (juvenile Makuladystrophie)
  • Diabetische Retinopathie
  • Glaukombedingte Netzhautschäden

Erste klinische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Mikrostrom bei diesen Erkrankungen die zelluläre Funktionalität der Retina stabilisieren könnte (SpringerMedizin, 2014, „Transkorneale Elektrostimulation bei Morbus Stargardt“, Link).

Wirkmechanismus der Mikrostromtherapie

Die Mikrostromtherapie stimuliert retinale Neuronen durch schwache elektrische Ströme im Mikroampere-Bereich. Die über eine Hornhautelektrode applizierten Ströme durchdringen die Kornea (Hornhaut) und aktivieren Photorezeptoren, bipolare Zellen und Ganglienzellen.

Laut einer Untersuchung des Unternehmens Okuvision, das die Mikrostromtherapie für den klinischen Einsatz weiterentwickelt, kann die Anwendung dieser Methode verschiedene zelluläre Mechanismen aktivieren:

  1. Erhöhung neurotropher Faktoren

    • Insbesondere der Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) wird verstärkt ausgeschüttet, wodurch Nervenzellen geschützt und Apoptose verhindert wird (Okuvision, 2024, „Die OkuStim®-Therapie – den Verlauf ändern“, PDF-Link).
  2. Verbesserung der mitochondrialen Funktion

    • Eine regelmäßige Anwendung von Mikrostrom kann die ATP-Produktion um bis zu 23 % erhöhen, was eine bessere Energieversorgung der Netzhautzellen ermöglicht (Okuvision, 2024, „Die OkuStim®-Therapie – den Verlauf ändern“, PDF-Link).
  3. Aktivierung spannungsgesteuerter Calciumkanäle

    • Die Mikrostromimpulse stimulieren Calciumkanäle, was eine Verbesserung der zellulären Kommunikation und Signalübertragung in der Retina bewirken kann (Okuvision, 2024, „Die OkuStim®-Therapie – den Verlauf ändern“, PDF-Link).

Sicherheitsaspekte und Verträglichkeit

Die Mikrostromtherapie wird als sicher und gut verträglich bewertet. Das CE-konformitätsbewertete Mikrostromsystem verfügt über mehrere Sicherheitsmechanismen, darunter:

  • Temperatursensoren, die eine Überhitzung des Auges verhindern
  • Leckstromüberwachung zur Vermeidung ungewollter elektrischer Ströme
  • Sterile Einweg-Elektroden zur Reduktion des Infektionsrisikos

Laut einer Untersuchung von SpringerMedizin treten Nebenwirkungen nur selten auf. Gelegentlich können leichte Augenreizungen oder kurzfristige Lichtblitze (Phosphene) während der Anwendung auftreten (SpringerMedizin, 2020, „Transkorneale Elektrostimulation bei Retinitis Pigmentosa“, Link).

Fazit

Die Mikrostromtherapie stellt eine vielversprechende Behandlungsmethode zur Verlangsamung der Krankheitsprogression bei Retinopathia Pigmentosa dar. Klinische Studien zeigen, dass eine regelmäßige Anwendung positive Effekte auf die Netzhautfunktion, das Gesichtsfeld und die Sehqualität haben kann.

Dank ihrer Nicht-Invasivität und guten Verträglichkeit bietet sie eine praktikable Option für Patienten mit RP, die aktiv Einfluss auf ihren Krankheitsverlauf nehmen möchten. Die endgültige Bewertung der Methode im klinischen Alltag wird durch laufende Studien weiter untersucht und könnte die Mikrostromtherapie als festen Bestandteil der RP-Therapie etablieren.